Ghost-Bike & Radverkehrssituation in der Unteren Hauptstraße

Am 11. März 2017 hat der ADFC ein Ghost-Bike (de: Geisterfahrrad; hat nichts mit Geisterradeln zu tun.) auf der Verkehrsinsel des Zebrastreifens Untere Hauptstraße/Dechant-Müller-Straße aufgestellt. Wir begrüßen die Aktion des ADFC sehr. Denn einerseits kann das Ghost-Bike die Verkehrsteilnehmer zu mehr Rücksicht und Aufmerksamkeit animieren. Andererseits steht das Mahnmal in unseren Augen auch als Hinweis auf die sehr schlechte Radverkehrsführung in diesem Bereich.

Weil keine Genehmigung eingeholt wurde, ist der ADFC aufgefordert worden, das Ghost-Bike zu entfernen. Daraufhin hat der ADFC das Geisterfahrrad von der Verkehrsinsel entfernt und die Genehmigung beantragt. Diese wurde jetzt bis für die Dauer von 5 Jahren erteilt (bis Ende 2021) und das Geisterrad wieder auf der Verkehrsinseln aufgebaut. Jetzt jedoch erhob die Polizei Einspruch, so dass das Geisterfahrrad abermals versetzt werden muss.

Verkehrsführung Untere Hauptstraße, © Geobasis NRW 2017 (Satellitenbild)

Beigetragen zu dem Unfall hat sicher auch die sehr schlechte Verkehrsführung in diesem Bereich. Das Desaster beginnt schon am Driescher Kreisel, bei dem Radfahrer vom Turbokreisel Schnabelsmühle kommend, nicht geradeaus weiter in die Kalkstraße einfahren können. Stattdessen werden sie hoch zum Busbahnhof geleitet (rote Linie). Dort können Radfahrer im Mini-Kreisel vor dem Parkhaus wenden und dort wahlweise auf Fahrbahn oder Radweg in die Kalkstraße einbiegen. Einen solchen Umweg incl. vermeidbarer Steigung werden Radfahrer nicht annehmen. Der Driescher Kreisel wurde erst vor „relativ kurzer Zeit“ gebaut, leider ohne auf die Belange / Verkehrswege der Radfahrer Rücksicht zu nehmen.

Driescher Kreisel, © Geobasis NRW 2017 (Satellitenbild)

Stattdessen fahren die Radfahrer in Gegenrichtung um den Kreisverkehr über die Zebrastreifen. Dann entgegen der Einbahnstraße Untere Hauptstraße auf dem Radweg. Diesen Radweg kann man eigentlich nur als einen großen Witz bezeichnen! Radweg und Fußweg sind viel zu schmal. Auch gibt es keinen ausreichenden Abstand zu den Parkplätzen, so dass Radfahrer immer auf Kollisionskurs mit plötzlich geöffneten Autotüren sind. Auf dem sehr schmalen Gehweg stehen Werbeaufsteller, Mülltonnen, parkende Fahrräder und er wird sogar als Ausstellungsfläche genutzt, so dass für Fußgänger ein entspanntes Flanieren in der Geschäftsstraße nicht möglich ist. In unseren Augen gehört zum jetzigen Zeitpunkt bei diesen Bedingungen – zu Gunsten der Fußgänger – hier kein Radfahrer hin.

Enger Radweg in Gegenrichtung der Unteren Hauptstraße

Deshalb sollte für den Radverkehr die Route über die Kalkstraße propagiert werden. Bis zur Kurve in die Dechant-Müller-Straße gibt es sogar einen abgesetzten Radweg in grade noch akzeptabler Ausführung. Die weiterführende Dechant-Müller-Straße hat ein leichtes Gefälle, das Radfahrer schnell auf Schwung bringt. Für diesen Abschnitt wünschen wir Sharrow-Fahrradpiktogramme auf der Fahrbahn, die einerseits den Radfahrern die Spur vorgeben, andererseits aber auch die Akzeptanz gegenüber Kraftfahrern erhöhen. Wenn die durchgezogene Mittellinie durch eine Leitschwelle ergänzt würde, so wie dies vor ca. ein-zwei Jahren war, würde das die Sicherheit der Radfahrer vor überholenden Fahrzeugen immens erhöhen. Laut der AUKIV-Ausschusssitzung vom 23.02.2016 unter TOP 17 plant die Stadt längerfristig von dem angrenzenden Grundstück etwas Fläche für einen Radweg zu bekommen. (Direktlink zur Beschlussvorlage, letzter Satz)

Variante 1. Position des Radfahrers korrigiert. Sonst Gefahr durch sich öffnende Fahrzeugtüren und enge Überholmanöver.

In dieser Sitzung unterbreitete die Stadt u.a. die Variante 1 (Anlage 2). Dieser Vorschlag stellt eine wesentliche Verbesserung für Radfahrer. Aber auch Fußgänger haben dadurch wesentlich mehr Platz und brauchen auf dem „Bürgersteig“ keine Radfahrer mehr fürchten. Doch vor 2019 kann eine Änderung in diesem Straßenabschnitt nicht erfolgen, weil sonst Fördergelder zurückgezahlt werden müssen. Allerdings löst die ansonsten gut Variante 1 nicht die Probleme für Radfahrer beim gegenläufigen Ein- und insbesondere Ausfahren aus der Einbahnstraße. Deshalb scheint die Wegführung für Radfahrer über die Kalk- und Dechant-Müller-Straße vorteilhafter zu sein.

Für unsichere Radfahrer bietet sich die verkehrsärmere Fortsetzung der Kalkstraße an, weiter bis zum Gleisübergang. Dort kann der Radfahrer links durch in die Tannenbergstraße bis zur Unteren Hauptstraße gelangen. Die Sackgasse ist für Radfahrer offen, die durch die Poller durchfahren können. Hier fehlt (wie im gesamten Stadtgebiet auch) der Hinweis auf dem Schild für die Durchlässigkeit der Sackgasse.

Sinnvollerweise sollte der getrennte Geh- und Radweg entlang der Einbahnstraße Untere Hauptstraße komplett dem Fußverkehr überlassen werden. Das gilt natürlich auch für die gegenüberliegende, südliche Straßenseite. Radfahrer in Richtung Stadtmitte können bequem die Fahrbahn der Einbahnstraße nutzen. Weil diese an beiden Seiten durch Parkplätze flankiert ist, ist ein Überholen von Radfahrern mit ausreichendem Sicherheitsabstand nicht möglich. Deswegen bietet sich ein System aus Soest an, für das die Stadt sogar den Deutschen Fahrradpreis bekommen hat: Eine mittig auf der Einbahnstraße angeordnete Fahrradspur. So wird dem Kraftfahrer signalisiert, dass Radverkehr auf der Fahrbahn erlaubt ist (wie auf allen Straßen ohne Radwegbenutzungspflicht). Dem Radfahrer wird eine Spur vorgegeben, die ihn nicht in die Gefahrenzone der sich öffnenden Autotüren lenkt. Gleichzeitig verhindert diese Fahrweise das gefährliche vorbeiquetschen von ungeduldigen Autofahrern. [Rechtlicher Hinweis: Das Bundesverkehrsministerium, das zuvor noch den Fahrradpreis ausgelobt hat(!), erkennt nun die Schutzwirkung des Soester Schutzstreifens nicht mehr an und hat die Stadt aufgefordert, diesen wieder zu entfernen. Der Disput läuft noch. Stattdessen könnten in Bergisch Gladbach einfache Fahrradpiktogramme (engl. Sharrow) in der Mitte der Fahrbahn aufgebracht werden.]

In Richtung Gronau ist etwas mehr erforderlich. Um durch den Driescher Kreisel fahren zu können, muss man spätestens bei der Einmündung Poststraße vom Radweg auf die Fahrbahn wechseln, und dann noch schnell weiter auf den linken Fahrstreifen. Für ungeübte Radfahrer nicht einfach. In der letzten AUKIV-Sitzung am 06.04.2017 in TOP 10 hat die Stadt Pläne für den Abschnitt zwischen Forum und Driescher Kreisel vorgestellt. Demnach soll beidseitig eine Busspur mit Fahrradfreigabe eingerichtet werden (Anlagen 1-5). Dabei wurde die Strecke vom Turbokreisel in Richtung Driescher Kreisel ausgeklammert (Anlage 5, oben), obwohl sie schon in den Plänen enthalten ist. Die Verwaltung möchte diese nördliche Seite der Gohrsmühle erst angehen, „wenn ein ganzheitliches Konzept für die Führung der Radfahrer im Bereich des Driescher Kreisels vorliegt“. Eine Verbesserung des Dreischer Kreisels für Radfahrer und die vorrausschauende Planung begrüßen wir.

Eine an der Poststraße endende Busspur erleichtert Radfahrern das wechseln auf den linken Fahrstreifen, um so regulär in den Driescher Kreisverkehr einfahren zu können. Für Radfahrer die sich den Spurwechsel und die Durchfahrt in der Kreisfahrbahn nicht zutrauen, könnte eine Querungsmöglichkeit am Beginn der Stationsstraße geschaffen werden (ähnlich wie auf dem zweiten Satellitenbild dieses Artikels).

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