Am 21.11.2016 wurde die Verkehrsführung am zukünftigen Kreisel an der Schnabelsmühle auf Grund der Baustellensituation ein weiteres Mal geändert. Die jetzige Führung auf der Bensberger Straße, ab dem Kreisverkehr, zeigt bereits die finale Verkehrsführung in Richtung Köln/Leverkusen.
Bensberger Straße, in Richtung Bensberg, auf Höhe des Parkplatz Schnabelsmühle.
In Fahrtrichtung Bensberg wird der Verkehr nur noch einspurig geführt. Beide Fahrbahnen sind mit Zeichen 295, einer durchgezogenen Linie getrennt. Es herrscht dort faktisch ein Überholverbot für zweispurige Fahrzeuge. Ideal eigentlich für den Radverkehr, da dieser nun aufgrund der schmalen Fahrbahn, bei Einhaltung der Regeln nicht mehr überholt werden darf und dies zu einem enormen Sicherheitsgewinn geführt hat. Doch leider sehen das die einzelnen Behörden in Bergisch Gladbach anders.
Verkehrszeichen 240 (blau), benutzungspflichtiger Geh- und Radweg.
Am 30.11.2016 wurde auf dem rechten Hochboard eine Benutzungspflicht für Radfahrer ausgeschildert. Diese Benutzungspflicht wurde allerdings vor wenigen Jahren erst aufgehoben. Dazu muss man wissen, dass eine Radwegbenutzungspflicht nur dann angeordnet werden darf, wenn die Fahrbahn eine „besondere Gefahrenlage aufweist, die dass allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung erheblich übersteigt“.
Dieses trat im Zuge der 24. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften zum 1. Oktober 1998 Änderungen der Straßenverkehrsordnung (StVO) bzgl. der Benutzungspflicht von Radwegen (§2, Abs. 4) in Kraft.
Diese besondere Gefahrenlage bestand in der alten Verkehrsführung der Bensberger Straße nicht und ist auch nicht bei der jetzigen zu erkennen. Mehr noch, die heutige Straßenaufteilung, weil die Breite der Fahrspur ein Überholen von Radfahrern nicht zulässt, ist sicherer gestaltet.
Flüssigkeit des Verkehrs
Auf diesem Streckenabschnitt mit der leichten Steigung sind ein Großteil der Radfahrer erfahrungsgemäß eher relativ langsam unterwegs. Geschwindigkeiten von 8 bis 30 km/h, je nach Fitnesszustand, Krafteinsatz und/oder E-Unterstützung werden dort erreicht. Das hier der motorisierte Verkehr eindeutig bevorzugt behandelt wurde, steht ganz außer Frage. Die Gladbacher Entscheidungsträger gehen immer noch von dem langsamen Schönwetterfahrer aus, der mit seinem 3-Gang Stahlrad mühselig schwankend die Steigung erklimmt. Es hat den Anschein, dass modernste Fortbewegungstechnik nicht berücksichtigt und in Betracht gezogen wird. Der Faktor Radfahrer ist in den Augen vieler ein Störbild im Straßenverkehr. Die Entscheidung der Verkehrsbehörde die Benutzungspflicht hinter dem Deckmäntelchen „Sicherheit“ wieder einzuführen, zeigt den Nichtwillen den Radverkehr in Bergisch Gladbach zu fördern und zu stärken.
Die Wahlmöglichkeit zwischen Fahrbahn und „anderem“ Radweg waren bisher vorbildlich und im Sinne der StvO gelöst. Je nach Tageszeit sowie Fuß und Radverkehr ist ein zügiges und sicheres Vorankommen auf dem Gehweg nur unter erschwerten Bedingungen möglich. Die sogenannten „Geisterradler“ die dort sehr vermehrt unterwegs sind, gefährden den legal fahrenden Radler und die Fußgänger zusätzlich. Ein Sicherheitsgewinn für Fußgänger und Radfahrer ist diese Entscheidung nicht. Wie bei allen größeren Eingriffen in den Straßenverkehr unserer Stadt haben die Planer den Radverkehr nicht bzw. nur unzureichend mit eingeplant.
Bei der Neuaufteilung der Verkehrsflächen hätte man ohne weiteres einen Radfahrstreifen bis zur Arbeitsagentur im Regelmaß* von mindestens 2,00 Metern mit einplanen können. Separiert von Fußgänger und Kraftverkehr, der ein zügiges und sicheres vorankommen in Richtung Bensberg gewährleistet hätte. (*Regelmaß bei hohen Verkehrsstärken oder Steigungen)
Fehlplanung des weiteren Weges
Das die Behörden und Verkehrsplaner hier wieder nur einseitig „PRO Kraftverkehr“ denken, zeigt der weitere Streckenverlauf bis zur Arbeitsagentur. Die Benutzungspflicht endet an der Kreuzung ‚An der Jüch’/Bensberger Straße, da dort kein Wiederholungsschild aufgestellt wurde. Eine sichere Führung zurück auf die Fahrbahn ist dort Fehlanzeige.
Bensberger Straße, Radweg im weiteren Verlauf
Da man als Radfahrer den benutzungspflichtigen Radweg nicht verlassen darf gibt es keine Möglichkeit hier links in die Hans-Zanders-Straße ab zu biegen. Ein Besuch im Hallenbad oder der Barmer Krankenkasse ist ohne einen Regelverstoß nicht möglich. Hier muss man einen Umweg in Kauf nehmen. Eine Bordsteinabsenkung die einen sicheren Wechsel auf die Fahrbah ermöglichen würde ist ebenfalls Fehlanzeige.
Mögliche Lösung einer Rampe auf die Fahrbahn
Die einzige Möglichkeit den Radverkehr sicher auf die Straße zu lenken und zu leiten wäre nur vor der Kreuzung, da dort noch Sichtkontakt zwischen Kraftverkehr und Radverkehr besteht. Auch dieses wurde nicht eingeplant. Hier fehlt die Absenkung des Bordsteines und eine rote Markierung die vor der Abbiegespur den Radverkehr sicher leitet. Denn kurz vor der Kreuzung ist eine Grünfläche die den Radverkehr von der Fahrbahn weg in den Toten Winkel führt.
Bensberger Straße, Kreuzung ‚An der Jüch‘ bzw. Einfaht zum Zanders-Parkplatz
Der Sichtkontakt zwischen Kraftverkehr und Radfahrern die hier sicher auf die Fahrbahn wollen ist stark eingeschränkt. Die Grünfläche verhindert dieses. Da der Radweg gute 3 Meter neben der Fahrbahn liegt ist der Radfahrer außerhalb des Sichtfeldes und wird nicht mehr wirklich wahrgenommen. Die derzeitige Ampelschaltung verhindert ebenfalls ein sicheres Wechseln auf die Fahrbahn. Der Kraftverkehr bekommt gut eine Sekunde eher Grün als der Fußgänger-/Radfahrerbereich. Ein Abdrängen in den folgenden Grünstreifen ist vorprogrammiert. So wird der Radfahrer gezwungen waghalsige Aktionen durchzuführen oder aber weiter dem gefährlichen anderen Radweg zu folgen, der ab hier aus gutem Grund nicht mehr benutzungspflichtig ist, Stichwort: zu schmal und im Türöffnungsbereich der parkenden Autos.
Fazit
Wir von ProVelo fordern die Stadt auf, die Benutzungspflicht des Radweges zu widerrufen, da keine Gefährdungslage nach §45 StVO vorliegt und diese rechtfertigen würde. Die Frage der Erforderlichkeit von Anordnungen durch Verkehrszeichen wird weiterhin in den §§ 39 und 45 StVO deutlich geregelt.
Wenn die Verkehrsbehörde die Flüssigkeit des Kraftverkehrs verbessern möchte, dann muss eine andere Maßnahme statt der Benutzungspflicht getroffen werden. Im Bereich der durchgezogenen Linie kann man Tempo 30 anordnen um die Geschwindigkeit des Kraftverkehres den der Pedelec oder Rennradfahrer anzugleichen. Hierzu gibt es seit 30.11 2016 durch die neueste Novelle der StVO die Möglichkeit dieses erleichtert anzuwenden. Durch das Überholverbot besteht keine Gefahr für Radfahrer.
Die weitaus größeren Gefahren auf dem Teilstück liegen auf dem Hochbordweg durch teilweise hohes Fußgängeraufkommen und durch Geisterradler die den legalen Radler gefährden.
Seit 2014 – als die Benutzungspflicht aufgehoben wurde – sind uns keine Unfälle auf der Fahrbahn bekannt, die eine Benutzungspflicht rechtfertigen. würden. Ein Großteil des Radverkehres wird erwartungsgemäß weiterhin den sogenannten anderen Radweg nutzen, weil sich Radfahrer dort sicherer fühlen als auf der Fahrbahn.
Die Verdrängungstaktik der Verkehrsplaner dieser Stadt, ohne eine sichere Infrastruktur als Alternative anzubieten, ist eine Denke aus vergangenen Jahrzehnten zu Gunsten des Kraftverkehres und auf Kosten anderer. So kann und wird das hochgelobte Mobilitätskonzept zur Farce und fördert nicht das angestrebte Ziel den Radverkehr zu erhöhen. Falls die Verkehrsbehörde entgegen der geltenden Gesetze es dennoch bei der Benutzungspflicht belässt, sollte der ADFC gegebenenfalls prüfen, gerichtlich dagegen vorzugehen.
Slalom um die Schilder
Ein guter Rat wäre noch benutzungspflichtige Radwege frei von Hindernissen zu halten, denn diese heben die Benutzungspflicht sofort wieder auf, wenn man schon nicht Sicher auf den Radweg geleitet werden kann. Die Baustellenbeschilderung weist nicht das Unterkantenmaß von 220 cm auf und durch die Anordnung/Aufstellung der Beschilderung geht eine Gefährdung aus, die die Gehwegbreite stark verengt und bei Fußgängern ein Auffahren unmöglich macht. Ein besonderes Schmankerl sind die Leitschilder für den Fußverkehr, die mitten auf dem Blindenstreifen stehen.
Geregelt werden darf nur, was regelungsbedürftig ist. Wenn ohnehin nur wenige Radfahrer bei Wahlfreiheit die Fahrbahn benutzen, dann ist ein Eingreifen durch die StVB nicht im Sinne § 39.1 zwingend geboten
, womit sich weitere Erörterungen erübrigen.
Text & Bilder Mike Gürgens
Update 17.12.2016: Die erste Reaktion der Stadt. Tüte drüber, aufgehoben und leider vorerst nur aufgeschoben ist die Benutzungspflicht. Besser wäre es noch gewesen, die Baustellenschilder anders zu stellen um die Gefährdung zu beseitigen.
Benutzungspflicht Aufgehoben. Stand: Samstag 17.12.2016 gegen 14 Uhr.